Wir waren in dem renovierten Vorzeigegasthaus schon öfters, aber
nach den Konzeptänderungen schon länger nicht mehr. Am 26.04. wollten wir uns mittags
auf der Terrasse kurz stärken, jedoch spielte das Wetter nicht mit, und wir
mussten ins Lokal ausweichen. Und da fingen die Probleme an. Wir mögen es
nicht, uns an Zweiertischchen zu drängen und wählten deshalb einen großen
Fünfertisch. Da haben wir nicht die Rechnung mit der vermeintlichen
Chefkellnerin – laut späterem Beleg mit dem Namen Nicole – gemacht.
„Wir sollen uns doch bitte an einen Zweiertisch setzen“, war
der spröde Kommentar der Kellnerin. Unseren Einwand, dass ein weiterer Tisch
für vier Personen und der große Tisch mit acht Plätzen noch frei sei, konterte
sie selbstbewusst, dass sie das durchzusetzen habe und wir schließlich an die
anderen potenziellen Gäste denken sollten. Also zogen wir zähneknirschend um. Eigentlich
sollte man hier gleich das Haus verlassen, durch aber nachfolgende Termine
wollten wir dann eine Kleinigkeit doch essen. Schlimmer kann es ja nicht werden
– dachten wir.
Dass man bei der Bestellung dann stilles statt spritziger
Wässer bekommt, kann ja korrigiert werden. Dass das andere Personal immer
wieder alle Gäste – auch uns – nach dem Befinden fragt, war positiv. Wenn man
aber dann bei dem Service-Pitbull zahlen wollte, lief die Servicekraft Nicole zu
einem Egotrip bester Güte auf.
Stufe eins: Wir wollen mit einem Hunderter bezahlen, sie
kann nicht herausgeben, bemerkt aber: „Ich sehe da einen Fünfziger bei Ihnen im
Geldbeutel, es geht also kleiner bei Ihnen.“
Stufe zwei: Als der Fünfziger liegt, fragt sie, was ich nun
herausbekomme. Ich habe wirklich keine Lust auf Trinkgeld und unterstreiche,
dass es Trinkgeld nur bei gutem Service gibt, also heute nicht. Ihre Reaktion:
Wenn Sie das brauchen. Sie streicht mehrmals durch ihren
Kellnerinnen-Geldbeutel, und entfernt sich mit den Worten: „Ich muss meine
Kolleginnen nach zehn Centstücken fragen.“
Dann kommt Stufe drei und die ist vom Feinsten: Als sie
wiederkommt, legt sie mir - bei einem Rechnungsbetrag von 22,90 Euro
-Wechselgeld von 26,10 Euro hin. Sie geht weg und muss sie leider nochmals an
unserer (kleinen) Tisch rufen und zeige ihr das Wechselgeld. Sie ist ganz
unwillig und fragt „Und?“. Als ich ihr vorrechne, dass ein Euro fehlt, tauscht
sie mit merklichem Unwillen das ein Euro-Stück gegen einen Zwickel. Der
Abschluss ist genauso ungeschickt, wenn nicht sogar unverschämt, wie der
Beginn. Sie fragt noch: „Und passt es jetzt.“ Darauf ich: „Jetzt schon!“ Und
sie ganz schnippisch: „Dann ist es ja gut!“ Eine Entschuldigung wäre wohl
angebrachter gewesen.
Nur der Vollständigkeitshalber sei gesagt. Es kam im Verlauf
unseres unschönen Besuches im Restaurant Rauchensteiner keine große Gruppe und
sowohl der Vierertisch als auch der Sechsertisch wie auch der Clubtisch im
Vorraum blieben frei. Fast schon paradox ist, dass einem Zweierpärchen sogar
von einer anderen Bedienung der Vierertisch angeboten wurde, diese sich dann
aber für einen Zweierecktisch entschieden. Wahrscheinlich waren diese Gäste
bereits Stammgäste bei Nicole.
Und auch noch erwähnenswert: Das Essen war gut.
Einen zahlenden Gast in solch einem Ton zu vergraulen, ist
schon eine Leistung der besonderen Art. Jeder Gast versteht, wenn ein Lokal
Platzprobleme hat, aber hier gab es keine. Die waffenscheinpflichtige
Servicekraft namens Nicole wirkte, als fühle sie sich durchgehend im Recht.
Mindestens beim fehlerhaften Wechselgeld ist sie deutlich über das Ziel
hinausgeschossen. Wir waren nach einer halben Stunde wieder gegangen, natürlich
ohne etwas Zusätzliches zu verkosten. Unser Motto: So schnell wie möglich
dieses ungastliche Haus verlassen.
Nach verschiedenen Konzepten und Betreiberwechsel hätte ich
der Rauchensteiner GmbH und seinem rührigen Besitzer Dr. Schaupp Stabilität
gewünscht. Mit solchen egomanischen und sich selbst überschätzenden Kräften
verscheucht man alle, die sich nicht dem Diktat der Bedienung beugen wollen,
sondern einfach guten Service schätzen. Gott sei Dank haben wir ja mit den
Restaurants Stegfellner, Goldene Sonne und Isar Klause oder dem Bernlochner –
zwar eine Preisklasse darüber - attraktive Alternativen.