Freitag, 6. September 2013

Der Denkfehler des AfD-Professors


Ein Kommentar von Edmund Pelikan


Die Alternative für Deutschland ist im Aufwind. Es wird der Parteineugründung sechs  Wochen vor der Wahl zugetraut, über die Fünfprozenthürde zu kommen. Der Parteisprecher Bernd Lucke argumentiert stark rational, wie es sein Beruf als Professor auch vermuten lässt. Und er hat einen entscheidenden Vorteil: Er ist mit seiner AfD der einzig übriggebliebene Eurogegner in der aktuellen politischen Landschaft.

Doch Lucke macht einen entscheidenden Fehler: Er argumentiert deutlich für eine Rückkehr zur D-Mark. Alternativlos bezeichnete die Kanzlerin früher den Pro-Euro Kurs.  Und rational gibt es sicherlich Rechenmodelle und Statistiken, die beide Theorien stützen. Aber alle Wissenschaftler machen einen entscheidenden Fehler. Die Menschen handeln oft irrational. Das zeigt die relativ junge Wissenschaft der Verhaltensökonomie deutlich.

Bestes Beispiel hierfür ist die Patronatserklärung von Kanzlerin Angela Merkel und dem damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück: „Die Gelder der deutschen Sparer sind sicher!“ Es ist mittlerweile hinlänglich diskutiert worden, dass eine Kanzlerin und ein Finanzminister gar nicht legitimiert sind, ohne Parlament und ohne gesetzliche Legitimation eine solche Garantie auszusprechen. Ganz zu schweigen davon, dass der deutsche Staat die damals rund 1,7 Billionen Euro Spareinlagen rein faktisch nicht entschädigen könnte, wenn es zum Schwur käme. Diese irrationale und nicht umsetzbare Aussage der deutschen Regierungschefin verhinderte aber den Sturm der Bankkunden auf ihre Sparguthaben nach der Lehman-Pleite 2008 und damit den teilweisen Zusammenbruch des Finanzsystems in Deutschland. Warum? Weil die deutschen Sparer der Bundeskanzlerin glaubten. Das bedeutet, eine faktische Unwahrheit wurde zur experimentellen Wahrheit durch den Glauben der Menschen. Fassen Sie das einmal in eine mathematische Formel.

Genauso ist es mit dem Euro. Verschiedene Ökonomen sagen viel Gegensätzliches voraus. Was davon richtig ist, entscheidet erst die Realität. Und die ist geprägt durch diesen eben beschriebenen subjektiven Glauben der Wähler. Am besten ist es mit einer Ehe vergleichbar. Nachdem die heiße Phase der Verliebtheit abgeebbt ist, gilt es täglich um die Partnerschaft zu kämpfen. Oft erkennt man, dass der eine oder andere Fehler der Partner zu akzeptieren besser ist als einen harten Schnitt zu tun mit ungewisser Zukunft. Das wäre vielleicht der einfachere Weg, aber ob es der richtige ist, würde sich erst im nachhinein herausstellen.

Ein zweites Beispiel ist der Kommunismus. Theoretisch mag dieser das Idealbild des Individuums sein, in der Realität hat er sich durch die Machtgier der Führenden und Korruption der Parteifürsten als ungerecht und oft diktatorisch erwiesen. Da ist mir die Demokratie mit all ihren Fehlern lieber!

Sicher ist, dass Bernd Lucke mit vielen Argumenten recht hat. Seine Schlussfolgerungen folgen aber dem Götzenbild des rationell Allwissenden. So schön es wäre, dass es so etwas gibt wie die eine einfache Wahrheit. Als kritischer Politik- und Marktbeobachter muss man sich selbst zugestehen, dass Wirtschaftspolitik längst in der reaktiven experimentellen Ökonomie angekommen ist. Und das ist der Denkfehler von Bernd Lucke.

Edmund Pelikan ist Wirtschaftspublizist (www.epk24.de und www.beteiligungsreport.de), Finanzpädagoge (www.stiftung-finanzbildung.de) sowie einfaches FDP-Mitglied

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