Ein Kommentar von
Edmund Pelikan
Die Alternative für Deutschland ist im Aufwind. Es wird der
Parteineugründung sechs Wochen vor der
Wahl zugetraut, über die Fünfprozenthürde zu kommen. Der Parteisprecher Bernd
Lucke argumentiert stark rational, wie es sein Beruf als Professor auch
vermuten lässt. Und er hat einen entscheidenden Vorteil: Er ist mit seiner AfD
der einzig übriggebliebene Eurogegner in der aktuellen politischen Landschaft.
Doch Lucke macht einen entscheidenden Fehler: Er argumentiert deutlich für eine Rückkehr zur D-Mark. Alternativlos bezeichnete die Kanzlerin früher den Pro-Euro Kurs. Und rational gibt es sicherlich Rechenmodelle und
Statistiken, die beide Theorien stützen. Aber alle Wissenschaftler machen einen
entscheidenden Fehler. Die Menschen handeln oft irrational. Das zeigt die relativ
junge Wissenschaft der Verhaltensökonomie deutlich.
Bestes Beispiel hierfür ist die Patronatserklärung von
Kanzlerin Angela Merkel und dem damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Kanzlerkandidaten
der SPD, Peer Steinbrück: „Die Gelder der deutschen Sparer sind sicher!“ Es ist
mittlerweile hinlänglich diskutiert worden, dass eine Kanzlerin und ein
Finanzminister gar nicht legitimiert sind, ohne Parlament und ohne gesetzliche
Legitimation eine solche Garantie auszusprechen. Ganz zu schweigen davon, dass
der deutsche Staat die damals rund 1,7 Billionen Euro Spareinlagen rein
faktisch nicht entschädigen könnte, wenn es zum Schwur käme. Diese irrationale
und nicht umsetzbare Aussage der deutschen Regierungschefin verhinderte aber
den Sturm der Bankkunden auf ihre Sparguthaben nach der Lehman-Pleite 2008 und
damit den teilweisen Zusammenbruch des Finanzsystems in Deutschland. Warum? Weil
die deutschen Sparer der Bundeskanzlerin glaubten. Das bedeutet, eine faktische
Unwahrheit wurde zur experimentellen Wahrheit durch den Glauben der Menschen.
Fassen Sie das einmal in eine mathematische Formel.
Genauso ist es mit dem Euro. Verschiedene Ökonomen sagen
viel Gegensätzliches voraus. Was davon richtig ist, entscheidet erst die
Realität. Und die ist geprägt durch diesen eben beschriebenen subjektiven
Glauben der Wähler. Am besten ist es mit einer Ehe vergleichbar. Nachdem die
heiße Phase der Verliebtheit abgeebbt ist, gilt es täglich um die Partnerschaft
zu kämpfen. Oft erkennt man, dass der eine oder andere Fehler der Partner zu
akzeptieren besser ist als einen harten Schnitt zu tun mit ungewisser Zukunft.
Das wäre vielleicht der einfachere Weg, aber ob es der richtige ist, würde sich
erst im nachhinein herausstellen.
Ein zweites Beispiel ist der Kommunismus. Theoretisch mag
dieser das Idealbild des Individuums sein, in der Realität hat er sich durch
die Machtgier der Führenden und Korruption der Parteifürsten als ungerecht und
oft diktatorisch erwiesen. Da ist mir die Demokratie mit all ihren Fehlern
lieber!
Sicher ist, dass Bernd Lucke mit vielen Argumenten recht
hat. Seine Schlussfolgerungen folgen aber dem Götzenbild des rationell
Allwissenden. So schön es wäre, dass es so etwas gibt wie die eine einfache Wahrheit.
Als kritischer Politik- und Marktbeobachter muss man sich selbst zugestehen,
dass Wirtschaftspolitik längst in der reaktiven experimentellen Ökonomie
angekommen ist. Und das ist der Denkfehler von Bernd Lucke.
Edmund Pelikan ist Wirtschaftspublizist (www.epk24.de und www.beteiligungsreport.de), Finanzpädagoge (www.stiftung-finanzbildung.de) sowie einfaches FDP-Mitglied
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